

TITELGESCHICHTE
FLORIAN HESSEN 9 | 2015
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Frauen sind heute selbst-
verständlicher in der Feuerwehr
Interview mit Karin Plehnert-Helmke, Frauensprecherin im LFV
K
arin Plehnert-Helmke ist Sprecherin der
Frauen, Mitglied des Präsidiums des LFV
und leitet den Arbeitskreis Kinderfeuerwehr
im Landesfeuerwehrverband Hessen. Ihr
Amt als Bundesfrauensprecherin beim
Deutschen Feuerwehrverband wird sie in
diesem Jahr aufgeben. In ihrem Wohnort
Röhrenfurth, einem Stadtteil von Melsun-
gen, ist sie in der Einsatzabteilung und als
Jugendwartin tätig.
Die gelernte Bankkauffrau und studierte
Wirtschaftswissenschaftlerin hat drei Kin-
der und arbeitet inzwischen im Betrieb
ihres Mannes mit. Sie hat im Laufe ihres
Lebens viele verschiedene Aufgaben ins-
besondere in der Jugendfeuerwehr über-
nommen, war aber auch Wehrführerin und
ist seit 20 Jahren Kreisausbilderin Sprech-
funk. Im Projekt „Menschen helfen Men-
schen“ imSchwalm-Eder-Kreis koordiniert
sie Angebote der Hilfsorganisationen, ins-
besondere der örtlichen Feuerwehren, in
Schulen des Landkreises.
tenbrunslar. Es gab Feuerwehren, die keine
Frauen aufnahmen, und auch Feuerwehren,
die das zwar taten, aber diese nicht als „voll-
wertige“ Feuerwehrangehörige behandel-
ten. In Gesprächen hörte ich häufig, dass
Frauen bei der Lehrgangsvergabe nicht mit
denselben Maßstäben behandelt wurden
wie Männer. Manche wurden schon zum
Grundlehrgang nur angemeldet, wenn sie
nicht mit Männern umPlätze konkurrierten.
Und so war mein Ziel damals, mehr Frauen
in die Feuerwehr aufzunehmen und sie in
der Feuerwehr besser zu fördern.
Wie war damals das Bild der Frau in
der Feuerwehr, und hat es sich in den
vergangenen Jahrzehnten gewandelt?
Frauen sind heute selbstverständlicher in
der Feuerwehr. Sicherlich gab es auch An-
fang der Neunzigerjahre schon Feuerweh-
ren, die erkannt haben, dass die Mitarbeit
von Frauen ihreMannschaftpositiv ergänzt,
aber das war nicht überall der Fall. Ich per-
sönlich glaube, dass die Jugendfeuerweh-
ren durch die zunehmende Aufnahme von
Mädchen viel dazu beigetragen haben,
Frauen in den Einsatzabteilungen zu etab-
lieren.
Heute sindmir keine Feuerwehren bekannt,
die offen sagen, wir nehmen keine Frauen
auf. Sicherlich gibt es in der Bevölkerung
bei den Nicht-Feuerwehrleuten noch Un-
kenntnis darüber, dass Frauen bei der Feu-
erwehr dieselben Tätigkeiten übernehmen
wie Männer, aber kein Feuerwehrmann
kann sich dieser Erkenntnis verschließen.
Es gab ja einige Kampagnen für mehr
Frauen in der Feuerwehr. Glauben Sie,
die haben etwas bewirkt?
Ja. Rückwirkend betrachtet glaube ich,
dass der größte Nutzen der Kampagnen
darin besteht, das Thema in den Feuerweh-
Frau Plehnert-Helmke, wie kamen Sie
zur Feuerwehr?
Die Jungen bei uns im Ort – ich wohnte in
Felsberg-Altenbrunslar – gingen diens-
tags immer zur Jugendfeuerwehr. Irgend-
wann haben wir Mädchen gesagt, da wol-
len wir auch mit. Da einige Jahre vorher
dort schon mal Mädchen waren, die nach
kurzer Zeit wieder aufgehört haben, ver-
ursachte das erst einmal Skepsis. Im Gro-
ßen und Ganzen kann ich mich aber nicht
erinnern, dass man uns Mädchen nicht
haben wollte.
Dann waren wir drei oder vier Mädchen,
die als erste Frauen in die Einsatzabteilung
übernommen werden sollten. Der dama-
lige Wehrführer fand, es wäre besser,
wenn es nochmehr werden und hat ordent-
lich Werbung gemacht. Daraufhin sind
sechs Frauen, u.a. meine Mutter, in die
Einsatzabteilung eingetreten. Ich erinnere
mich, dass der Anteil der Frauen in Alten-
brunslar damals fast 50 Prozent betrug.
Wann und warum haben Sie begonnen,
sich für Frauen in der Feuerwehr zu
engagieren? Gab es einen Auslöser?
Wir hatten im Schwalm-Eder-Kreis eine ak-
tive Kreisfrauensprecherin. Als eine neue
Landesfrauensprecherin gesucht wurde,
hat man mich direkt angesprochen. Erst
einmal habe ich mich mit dem Thema
schwergetan. Selbst hatte ich nie Schwie-
rigkeiten gehabt, im Gegenteil, ich wurde
gezielt gefördert. Gesprächemit Personen,
die sich damit schon länger beschäftigten,
haben mich überzeugt, dass es ein wichti-
ges Thema ist.
Warum glauben Sie, war das damals
wichtig?
Ich habe schnell erfahren, dass es nicht in
allen Feuerwehren so lief wie bei uns in Al-