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FLORIAN HESSEN 9 | 2015

TITELGESCHICHTE

Catherina Volk steht in ihrer Dienstkleidung im Lehrsaal. Die Aus-

breitung von Gasen und Dämpfen ist gerade das Thema. Um dies

zu demonstrieren, hat sie einenWattebauschmit brennbarer Flüs-

sigkeit benetzt und zündet eine Kerze an. Die Dämpfe der brenn-

baren Flüssigkeit sind schwerer als Luft und wandern die Metall-

rinne nach unten. Blitzschnell entzündet die Kerze die Dämpfe und

es kommt über die Rinne nach oben zur Rückzündung. Das Labor

ist einer der Lieblingsräume von Frau Volk, der ersten und bislang

einzigenweiblichen Lehrkraft an der Hessischen Landesfeuerwehr-

schule. „Wo es kracht und explodiert, bin ichmeist nicht weit weg“,

erklärt sie lachend.

Ihren Diplom-Ingenieur in Chemischer Technik hat sie inMannheim

gemacht, nach knapp zwei Jahren in einem Ingenieurbüro schloss

sich dann die Ausbildung im gehobenen Dienst an. Seit Februar

2011 lehrt Catherina Volk an der HLFS in Kassel vor allem natur-

wissenschaftliche Grundlagenwie Chemie, Physik aber auch Bren-

nen und Löschen sowie alles aus dem Bereich GABC. Aber auch

die Ausbildung der Kreisausbilder Truppmann/Truppführer und

Schiedsrichter der Hessischen Feuerwehrleistungsübung gehört

zu ihren Aufgaben.

Traumberuf

Als Lehrkraft an der Hessischen Landesfeuerwehrschule zu arbei-

ten, ist ihr Traumberuf. Wissenweitergeben liegt ihr und sie suchte

eine abwechslungsreiche Tätigkeit möglichst in Hessen. Zwar war

ihr klar, dass sie die erste Frau im Team der Lehrkräfte sein würde,

aber das fand sie gut. „Während meiner Ausbildungszeit gab es

auch Abschnitte, bei denen ich die einzige Frau war, und es hat

alles gut funktioniert. Auch als ich in die Freiwillige Feuerwehr

eintrat, war ich die einzige Frau. Ich kann mich durchsetzen und

weiß mich auch zu wehren“, sagt sie. Sie lobt, dass sie von allen

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Schule sehr gut aufge-

nommen worden sei. Das Wichtigste für sie sei es, ganz normal

wie jeder andere auch behandelt zu werden. „Ich möchte nicht

bevorzugt werden und mir auch nicht nachsagen lassen müssen,

dass ich dies oder jenes nur erreicht habe, weil ich eine Frau bin.“

Und so hat sie es geschafft, ihre Kollegen von sich zu überzeugen.

Diese sehen sie als Kollegen auf Augenhöhe. „Zumindest lassen

sie mich in dem Glauben“, sagt sie lächelnd. Bei den Kollegen aus

ihrer Abteilung, mit denen sie am meisten zusammenarbeitet, sei

sie auf jeden Fall akzeptiert und integriert.

Zeit muss sich lohnen

Den größten Erfolg ihrer Arbeit verspürt sie jedoch, wenn die Ver-

anstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmer zufrieden, mit mehr

Wissen aus dem Unterricht gehen und sie gute Ideen mit nach

Hause nehmen. Sie sollten mit demGefühl heimkehren, dass sich

die Zeit an der Schule gelohnt hat. Natürlich liege das nicht nur an

den Ausbildern, aber sie tragen dazu viel bei.

Dass ihr das Ausbilden und der Umgangmit Menschen Spaßmacht,

merkt man ihr sofort an. Auf die Frage, ob sie denn einen Unterschied

sieht zwischen den Frauen und Männern, die hier an die Schule

kommen, antwortet sie nachdenklich: „Als Ausbilder sehe ich keine

Unterschiede. Die Frauen, die hierher kommen, haben schon ge-

lernt, sich in ihrer Feuerwehr durchzusetzen. Sie sind ja schon Füh-

rungskräfte, wollen es werden oder interessieren sich für Sonder-

lehrgänge.“ Als stellvertretendeWehrführerin in ihrer Ortsteilwehr

habe sie auch schon Frauen zu Lehrgängen auf die Schule geschickt.

Dabei habe sie gemerkt, dass sich diese offenbar mehr Druck ma-

chen. Sie hätten möglicherweise größere Versagensängste, weil

sie glauben, dass es noch schlechter aussieht als bei einemMann,

wenn sie als Frau einen Lehrgang nicht bestehen.

Gerade wenn Frauen die erste Führungskraft sind, müssten sie

sich vielerorts noch ein bisschenmehr behaupten und durchsetzen

als Männer in ähnlichen Situationen. Sie müssen es schaffen, die

Skepsis, die viele Männer auch heutzutage zu Frauen in der Feu-

erwehr und vor allem in Führungspositionen immer noch haben,

zu überwinden und die männlichen Feuerwehrkameraden und

Kollegen von sich zu überzeugen.

Jeder hat Stärken und Schwächen

Manchmal höre sie natürlich auch Dinge wie „Frauen sind körper-

lich unterlegen und haben es deshalb z. B. beim Einsatz unter

Atemschutz schwieriger“, sagt Catherina Volk. Das sei nicht ge-

rechtfertigt, denn Frauen können das ebenso leisten wie Männer.

Auch andere Dinge, die eher Frauen zugeschrieben werden, wie

besseres Einfühlungsvermögen z. B. bei der Brandschutzerzie-

hung oder Krisenintervention, könne sie so nicht bestätigen. „Ich

glaube, egal ob Mann oder Frau, jeder hat seine Stärken und

Schwächen und Vorlieben. Das kann man nicht geschlechtsspe-

zifisch betrachten“, meint Volk.

Die Motivation von Frauen und Männern in der Feuerwehr mitzuma-

chen sei ihrer Meinung nach aber sehr ähnlich. Sie alle wollen an-

Traumberuf

gefunden

Einzige weibliche Lehrkraft an der HLFS