

10 FLORIAN HESSEN 9 | 2015
TITELGESCHICHTE
ren ins Bewusstsein zu rücken. Gerade mit
der sehr unterschiedlich bewerteten Kam-
pagne des Deutschen Feuerwehrverbandes
„Frauen am Zug“ kam die Diskussion über
Frauen in den Feuerwehren in Schwung.
Im zweiten Schritt haben die Kampagnen
auch eine differenziertere Betrachtung der
Mitarbeit von Frauen bewirkt. Früher dis-
kutierteman häufig nur die Frage, ob Frauen
in der Feuerwehr mitarbeiten sollen. Die
Kampagnen haben dazu beigetragen, dass
auch Fragestellungenwie zumBeispiel, wie
kann man Frauen aktiv fördern, damit sie
der Organisation erhalten bleiben, oder das
Thema Frauen in Führungspositionen auf-
gegriffen wurden.
Sie sind nun seit 1991 Frauenspreche-
rin im Hessischen Landesfeuerwehr-
verband. Was sehen Sie als Ihren
größten Erfolg in Ihrer Amtszeit und
was bleibt zu tun?
Ich glaube der größte Erfolg ist die konti-
nuierlich steigende Anzahl der Frauen in
den Feuerwehren, zu der ich hoffentlich
einen kleinen Teil beigetragen habe. 1991
betrug der Anteil der Frauen in den hessi-
schen Feuerwehren gut 4 Prozent, im Jahr
2013 waren es bereits über 11 Prozent.
Aber ihre Repräsentanz in den Führungs-
ebenen entspricht nicht ihrem zahlenmä-
ßigen Anteil an der Basis. Sichtbar wird
dies auch am Anteil der Teilnehmerinnen
an den Lehrgängen der Hessischen Lan-
desfeuerwehrschule. Dieser liegt deutlich
unter dem Anteil der Frauen in den Feuer-
wehren. Hier gibt es noch einiges zu tun.
Der Fachausschuss Frauen im LFV Hessen
hat dieses Thema vermehrt aufgegriffen.
Mit den regelmäßig stattfindenden Treffen
für Feuerwehrangehörige an der Hessi-
schen Landesfeuerwehrschule sollen ins-
besondere Frauen die Möglichkeit haben,
Tätigkeiten der Feuerwehr auszuprobieren
aber auch die Landesfeuerwehrschule
kennenzulernen. Dies soll dazu beitragen,
eventuell vorhandene Hemmschwellen
abzubauen.
Eine weitere Aktivität war das Angebot
eines Lehrgangs mit Kinderbetreuung im
Rahmen eines Projekts. Dieser Lehrgang
war so erfolgreich, dass die Leitung der
Landesfeuerwehrschule die Idee aufge-
griffen hat und nun in den Sommerferien
Kinderbetreuung bei den Lehrgängen
Gruppen-, Zugführer und GABC-Einsatz
anbietet.
Warum glauben Sie, verlieren die
Feuerwehren so viele Mädchen, die
noch in der Jugendfeuerwehr aktiv
sind, dann aber nicht in die Einsatzab-
teilung wechseln?
Beim Wechsel von der Jugendfeuerwehr in
die Einsatzabteilung müssen Männer wie
Frauen eine Grenze überwinden. Die Moti-
vation, von der Jugendfeuerwehr in die Ein-
satzabteilung zu wechseln, wird von zwei
zentralen Komponenten beeinflusst. Die
erste liegt bei der Jugendfeuerwehr. Je po-
sitiver die Erfahrungen dort, desto größer
ist die Motivation, in einer anderen Abtei-
lung der Feuerwehr weiterzumachen. Die
zweite Komponente liegt bei der Einsatzab-
teilung und der Frage, inwieweit sie den
neuenMitgliedern dieMöglichkeit gibt, ihre
positiven Erfahrungen fortzusetzen.
Es gibt vermehrt Aktivitäten wie Über-
gangszeiten, Übergangsgruppen und Pa-
tenschaften, die das Ziel haben, den Ju-
gendlichen den Übergang zu erleichtern
und die dazu beizutragen sollen, die Anzahl
der Übernahmen zu erhöhen. Dabei wird in
der Regel nicht zwischen Jungen und Mäd-
chen unterschieden. Warum die Übernah-
mequote bei den Mädchen aus der Jugend-
feuerwehr geringer ist als bei den Jungen,
kann nur vermutet werden. Die Situation
für die Mädchen ist sicherlich in den Fällen
schwieriger, wo noch keine oder nur sehr
wenige Frauen in der Einsatzabteilung mit-
arbeiten. Hierauf sollte von der Wehrfüh-
rung eingegangenwerden. Jede Feuerwehr
und jedes Feuerwehrmitglied sollte zudem
deutlich zum Ausdruck bringen, dass
Frauen willkommen sind.
Was glauben Sie, hält Frauen oder
auch Quereinsteiger davon ab, in die
Feuerwehr zu gehen?
In der Bevölkerung wird Feuerwehr noch
immer als eine Männerdomäne gesehen.
Hier haben Kampagnen und eine gute Öf-
fentlichkeitsarbeit Potenziale, Abhilfe zu
schaffen.
Ammeisten aber können die Feuerwehran-
gehörigen selbst dazu beitragen. Umfragen
haben ergeben, dass Quereinsteiger häufig
durch Freunde, Bekannte und die Familie
denWeg zur Feuerwehr finden. Die Schluss-
folgerung kann nur sein, dass jeder Feuer-
wehrmann und jede Feuerwehrfrau im pri-
vaten Umfeld vor allem gegenüber Frauen
den Dienst in der Feuerwehr als attraktive
Freizeitbeschäftigung darstellen sollte.
Wie wichtig ist die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie für die Arbeit in der
Feuerwehr?
Berufliche Belastungen und Änderungen
der familiärenSituation sindhäufigGründe,
die Mitarbeit in der Feuerwehr zu reduzie-
ren oder ganz aufzugeben. Was allerdings
kein spezielles Problem in Bezug auf die
Mitarbeit von Frauen ist, sondern Männer
ebenso betrifft. Feuerwehren sollten dies
wahrnehmen und entsprechend reagieren.
Häufig gibt es Lösungsmöglichkeiten, die
allerdings individuell zu suchen sind. Wich-
tig ist dabei, dass die Verantwortlichkeit
Lösungen zu finden nicht allein bei betrof-
fenen Feuerwehrangehörigen liegt, son-
dern auch die Feuerwehr aktivmitwirkt. Ein
offenes Ohr der Wehrleitung ist dabei eine
Mindestvoraussetzung. Im Gespräch las-
sen sich häufig Möglichkeiten finden, die
z.B. von einer vorübergehenden Beurlau-
bung bis zur Anpassung der Zeiten des
Übungsdienstes reichen können.
Was macht Ihnen an Ihrer derzeitigen
Tätigkeit am Meisten Spa
ß
?
Spaß macht vor allem die Vielfalt meiner
Tätigkeiten in der Feuerwehr. Auf örtlicher
Ebene ist es vor allem die Arbeit mit den
Kindern und Jugendlichen in der Jugendfeu-
erwehr. Wenn beim Übungsdienst in unse-
ren derzeit zwei Gruppen viele teilnehmen
undmit Begeisterungmitmachen, sehe ich
unmittelbar, dass sich der Einsatz lohnt.
Die überörtliche Tätigkeit im Landesfeuer-
wehrverband nicht nur als Frauenspreche-
rin, sondern auch im Bereich Kinderfeuer-
wehr, bringt mich mit Menschen aus den
unterschiedlichsten Feuerwehren zusam-
men. Dabei habe ich die Möglichkeit, an
verschiedensten Themen mitzuwirken und
diese hoffentlich auch ein Stück weit posi-
tiv im Sinne der Weiterentwicklung der
Feuerwehr zu beeinflussen.
Sie haben 3 Kinder – wie vereinbaren
Sie Familie, Beruf und Feuerwehr?
Ich glaube, ich bin recht gut organisiert.
Zudem erfahre ich viel Unterstützung von