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16 FLORIAN HESSEN 4 | 2016

TITELGESCHICHTE

technischen Hilfeleistungen aus. Hierzu

zählen neben dem klassischen Chemie-

schutzeinsatz auch Störungen an Produk-

tionsanlagen, die ein Eingreifen der Feuer-

wehr notwendig machen. Auch gehören in

einer Werkfeuerwehr oft Tätigkeiten im

Rettungsdienst, im Werkschutz und

Dienstleistungen dazu.

Müssen Sie Schicht arbeiten und

wenn ja – wie geht es Ihnen damit?

Weicker:

Ja, nach der Ausbildung wurde ich

fest in den 24-Stunden-Dienst integriert,

an den ich mich mit allen seinen Vor- und

Nachteilen gewöhnt habe. Privat führt die-

ser Dienst auch zu Veränderungen, da

man sehr viel Zeit bei der Arbeit verbringt.

Eine größere Umstellung wäre nun wo-

möglich die Rückkehr in den normalen

Tagdienst.

Grosmann:

Die Werkfeuerwehr Merck ar-

beitet nach dem Modell 24/48. Das be-

deutet, dass nach einem Tag Dienst zwei

Tage Freizeit folgen. Natürlich gibt es Tage

nach dem Dienst, an denen man anfäng-

lich erschöpft ist und sich morgens noch

einmal ausruhen muss. Die zwei freien

Tage ermöglichen aber auch viele Dinge,

wie Zeit mit der Familie oder mit dem Hob-

by zu verbringen. Ich persönlich kann mir

im Moment nicht vorstellen, wieder im

normalen Tagesrhythmus zu arbeiten.

Was war ihr schönstes, was ihr

schrecklichstes oder schlimmstes

Erlebnis im Dienst bisher?

Weicker:

Eines der schönsten Erlebnisse

war das Mitarbeiteraustauschprogramm

mit einem anderen Werk. Einen Monat lang

konnte ich in dem Werk Rheinfelden von

Evonik an der Schweizer Grenze den Werk-

feuerwehrdienstalltag miterleben. Es war

eine sehr schöne und bereichernde Zeit,

mit lehrreichen Erfahrungen.

Weiterhin bereitet es mir immer Freude,

wenn ich bei medizinischen Notfällen

schnelle und effektive Hilfe leisten kann

und die Patienten dankbar sind. Das un-

schönste Ereignis war bisher eine Sicher-

heitswache, bei der wir nach einem tragi-

schen Arbeitsunfall den Unfallort aufräu-

men und reinigen mussten sowie den

Brand- und Explosionsschutz sicherstell-

ten.

Grosmann:

Ein Fremdfirmenmitarbeiter ist

vor einigen Jahren mit dem Fahrrad ge-

stürzt, da er Herzkammerflimmern be-

kommen hatte. Wir haben ihn vor Ort er-

folgreich defibrilliert und auf der Fahrt in

die Klinik konnte er sogar wieder mit uns

sprechen. An dieses Erlebnis mit einem

guten Ausgang kann ich mich bis heute er-

innern und habe sogar den Ausdruck des

Defibrillators aufgehoben.

Schlimm finde ich, wenn man trotz allem

Einsatz nichts ausrichten kann. Beispiel-

haft möchte ich einen Rettungsdienstein-

satz außerhalb des Werksgeländes nen-

nen, wo wir jemanden nach suizidalen Ab-

sichten mit unserem Rettungswagen in

eine Psychiatrie transportierten. Nach

Kenntnis der Umstände wurde uns be-

wusst, dass diese Person weder einen

Freundeskreis, noch eine Perspektive für

die Zukunft besitzt und so weit am Rande

unserer Gesellschaft steht, dass es nur

noch eine Frage der Zeit ist …

Empfinden Sie die Tätigkeit als

körperlich belastend oder schwer?

Grosmann:

Ich finde schon, dass die Tätig-

keit eines Feuerwehrmannes körperlich

belastend sein kann. Wenn ich im Feuer-

wehrschutzanzug, mit Pressluftatmer und

einem Schlauchtragekorb unterwegs bin,

trage ich Kleidung und Ausrüstung mit ei-

ner Masse von 42 Kilogramm herum und

damit mehr als die Hälfte meines Körper-

gewichts. Relativiert wird das dadurch,

dass man schließlich auf solche Einsätze

vorbereitet ist und im Dienst nicht perma-

nent Feuer löscht.

Weicker:

Die Tätigkeiten sind im Großen

und Ganzen sehr ausgewogen. Es kann

durchaus zu anstrengenden und stressi-

gen Einsätzen sowie Situationen imDienst

kommen, die sehr kräftezehrend und be-

lastend sein können. Wer über eine gute

körperliche Verfassung verfügt und sich

regelmäßig mit Sport fit hält, kommt da-

mit besser zurecht.

Empfinden Sie die Tätigkeit als

psychisch belastend?

Weicker:

Für mich war sie das bisher nicht

in großem Maße. Natürlich kann es immer

zu Situationen kommen, die einen im

Nachhinein beschäftigen. Ich habe dann

Werkfeuerwehren verfügen oft über modernste Technik,

wie hier am Pumpenbedienstand eines Sondertanklöschfahrzeuges zu sehen.

Herr Lenz (links) und Herr Weicker bei der

Einsatzdokumentation in der Alarmzentrale.