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FLORIAN HESSEN 2 | 2016
BRANDHEIß
Wie sieht Ihre Familie die Übernahme des
neuen Amts?
Meine Familie unterstützt mich voll bei
meiner neuen Tätigkeit. Insbesondere
meine Tochter Friederike ist begeistert,
dass ich nun Leiter der Feuerwehrschule
bin.
Sie sind selbst seit langen Jahren in der Feu
erwehr ehrenamtlich aktiv und waren als
Wehrführer, Kreisbrandmeister und Kreis
ausbilder im Landkreis Kassel sowie als stv.
Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbands
Hofgeismar tätig. Gibt es aus dieser Zeit
Themen, die Sie in Ihrer neuen Aufgabe auf
greifen oder verändern möchten?
Insbesondere durch meine Tätigkeit als
Kreisausbilder habe ich erfahren, wie wich-
tig eine gute Führung und Standort
ausbildung für die Feuerwehren ist. Des-
halb möchte ich, dass nicht nur eine gute
fachliche Qualifikation bei den Feuerwehr-
führungskräften vorhanden ist, sondern
auch die soziale Kompetenz im Umgang mit
den ehrenamtlich Tätigen bei den Füh-
rungskräften ausgebaut wird. Der Standort
ausbildung kommt eine besondere Bedeu-
tung zu, denn sie bestimmt nach meiner
Auffassung wesentlich die Attraktivität ei-
ner Feuerwehr. Deshalb ist es mir ein Anlie-
gen, dass wir hier unterstützen.
Bringen Sie aus Ihrer Zeit als Dezernent
für Brand- und Katastrophenschutz beim
Regierungspräsidium Kassel Ideen und
Aufgaben für Ihr neues Tätigkeitsfeld mit?
Ja, in der Zeit beim Regierungspräsidium
Kassel war ich unmittelbar mit vielen Fra-
gestellungen rund um den Brandschutz
befasst. Hier habe ich den Unterschied
zwischen Wissens- und Fähigkeitsver-
mittlung an der Feuerwehrschule und dem
konkreten fallbezogenen Handeln ken-
nengelernt. Hieraus sehe ich die Notwen-
digkeit, stärker handlungsorientiert aus-
zubilden.
Sie sind nun seit rund 100 Tagen Direktor
der Hessischen Landesfeuerwehrschule.
Wie war diese Zeit bisher für Sie?
Als erstes bedanke ich mich bei allen Kol-
leginnen und Kollegen der Feuerwehr-
schule für die sehr freundliche und kolle-
giale Aufnahme. Die Zeit habe ich als an-
genehm aber auch als fordernd erlebt, da
viele Erwartungen vorhanden sind. Ich
musste mich in zahlreiche Sachverhalte
einarbeiten, habe mich aber auch gleich
wieder heimisch gefühlt.
Wo sehen Sie die Schwerpunkte Ihrer Ar
beit?
Die Aufgaben teile ich in zwei Felder, näm-
lich die interne Organisation der Landes-
feuerwehrschule und die Aus- und Fortbil-
dung. Bei der internen Organisation sehe
ich das Erfordernis, die Organisations-
strukturen zu verschlanken, eine umfas-
sende EDV-Lösung einzuführen, um damit
Entscheidungsprozesse zu beschleunigen
und Kapazitäten für erforderliche Verän-
derungen zu schaffen. In der Aus- und
Fortbildung ist ein Schwerpunkt die Ein-
führung von ergänzenden E-Learning-An-
geboten. Die ersten dieser Lehrgänge
möchte ich 2017 anbieten. Aber auch die
Gruppenführerausbildung muss stärker
als bisher handlungsorientiert ausgerich-
tet werden. Weiterhin möchte ich die HLFS
stärker vernetzen und mit der Universität
Kassel im Bereich der Methodik und Di-
daktik zusammenarbeiten. Eine zentrale
Aufgabe ist aber auch der Neubau des Ju-
gendfeuerwehrausbildungszentrums in
Marburg-Cappel.
Der Verbleib von Feuerwehrangehörigen
in der Feuerwehr wird kürzer, der Schu
lungsbedarf dadurch höher. Wie reagiert
die HLFS darauf?
Das ist richtig. Die Verweildauer der Feu-
erwehr-Führungskräfte auf den jeweiligen
Positionen nimmt ab. Deshalb müssen wir
zukünftig Aus- und Fortbildungsangebote
schaffen, die flexibler sind und es den
Feuerwehrangehörigen ermöglichen, die
erforderlichen Fähigkeiten zu erwerben.
Ergänzend dazu müssen wir genau schau-
en, welche Kompetenzen und Fähigkeiten
die jeweilige Führungskraft zur Erledigung
ihrer Aufgaben benötigt.
Auch die Ausbildung wird gerade in Fach
diensten immer komplexer und die An
sprüche werden höher. Kann das auch zu
künftig noch von Freiwilligen geleistet
werden?
Ich bin persönlich immer wieder begeis-
tert, welches detaillierte Fachwissen Feu-
erwehrkameradinnen und Feuerwehrka-
meraden besitzen. Deshalb bin ich der
Überzeugung, dass auch zukünftig Fach-
aufgaben durch ehrenamtlich Tätige pro-
fessionell durchgeführt werden können.
Hier müssen wir aber prüfen, ob die Aus-
bildung und Übungen nicht gemeinsam
von in diesen Fachdiensten tätigen Feuer-
wehren durchgeführt werden können. Wir
müssen die hier ehrenamtlich Engagier-
ten besser als bisher begleiten. Aufgrund
der besonderen Fachlichkeit sehe ich hier
auch die Brandschutzdienststellen der
Landkreise und kreisfreien Städte gefor-
dert.
Wo steht die Schule in drei Jahren, wo in
20 Jahren?
In drei Jahren haben wir E-Learning-Ange-
bote etabliert. Wir haben unser Fachwis-
sen in geeigneter Form den Feuerwehren
zur Unterstützung der Tätigkeiten vor Ort
zur Verfügung gestellt. Weiterhin werden
wir computergestützte Simulationstechni-
ken zur Verbesserung der Aus- und Fort-
bildung einsetzen.
Die Frage, wo die Feuerwehrschule in 20
Jahren stehen wird, ist schwierig zu beant-
worten, da die gesellschaftlichen Entwick-
lungen, die bis dahin stattfinden, vielfäl-
tig sein können.
Meine Vision: In 20 Jahren ist die Feuer-
wehrschule immer noch die zentrale Aus-
und Fortbildungsstätte der Feuerwehren
in Hessen. Die Aus- und Fortbildungsan-
gebote werden in unterschiedlicher Art-
und Weise angeboten. Die Möglichkeiten,
die uns die „digitale“ Welt liefert, nutzen
wir umfänglich. Die Aus- und Fortbildung
berücksichtigt die Kompetenzen und Fä-
higkeiten, die von den ehrenamtlich Täti-
gen bereits anderweitig erworben wur-
den. Die Aus- und Fortbildung ist durch-
gängig modular aufgebaut. Das Fachwis-
sen der Feuerwehrschule steht den Feuer-
wehren vor Ort zur Aufgabenerfüllung zur
Verfügung.
Herr Direktor Baumann, der FLORIAN
Hessen wünscht Ihnen viel Erfolg bei der
Erfüllung Ihrer Aufgabe und dankt für das
Gespräch.
Das Interview führte Andrea Dobler,
Redaktion Florian Hessen
Fotos: Uwe Beer; KHM-Design