14 FLORIAN HESSEN 1 | 2016
Ein Einsatz mit besonderen Schwierigkeiten
letzt und teilten mit, dass sie Bewohner des noch stehenden Hau-
ses seien und sie sich unmittelbar nach der Explosion ins Freie
gerettet hätten.
Im gleichen Moment rief im 1. Obergeschoss des Gebäudes ein
männlicher Bewohner um Hilfe. Er gab ebenfalls an, unverletzt zu
sein, könne aber nicht über die Treppe ins Freie gelangen. Eine
Gasmessung gleich zu Beginn des Einsatzes ergab, dass keine
Explosionsgefahr bestand. Einsatzkräfte retteten die Person im
ersten Obergeschoss sofort mit einer Steckleiter. Rettungssani-
täter versorgten alle drei Hausbewohner.
Diese gaben an, dass sich keine weiteren Personen in dem Ge-
bäude befänden, konnten aber keine Auskunft über die Bewohner
der zerstörten Haushälfte geben. Die Doppelhaushälfte sei erst
vor zwei Wochen verkauft worden und werde derzeit umgebaut.
„Wir mussten nun herausfinden, ob sich noch Personen in dem
zerstörten Haus befinden“, sagte der Einsatzleiter. „Deshalb ließ
ich die Drehleiter und den Rüstwagen zur Beleuchtung der Ein-
satzstelle heranfahren.“
Männer verschüttet
Nun meldete sich ein Taxifahrer bei der Einsatzleitung und gab an,
kurz vor der Explosion zwei Männer an dem Haus abgesetzt zu
haben. Fast zeitgleich hörte der Fahrzeugführer der Drehleiter Rufe
aus den Trümmern. Es waren die beiden Männer, die unter einer
massiven Trümmerhalde, durch einen glücklichen Umstand jedoch
nicht eingeklemmt, in einemHohlraumverschüttet lagen. Sie hatten
aber, wie sich später zeigte, schwere Verbrennungen erlitten. Die
Männer waren bei Bewusstsein und ansprechbar.
„Sofort begannen wir mit der Befreiung der Personen, aber wegen
der Gefahr eines weiteren Einsturzes der Gebäudetrümmer und der
Verletzungsgefahr für die Verschütteten, konntenwir kein schweres
technisches Gerät einsetzen“, berichtete der Einsatzleiter. Der Feu-
erwehrkran sei nicht zum Einsatz gekommen, weil die Rettung sehr
zügig erfolgen musste und das Aufstellen zu viel Zeit in Anspruch
genommen hätte.
Die Befreiung erfolgte deshalb überwiegend in Handarbeit. Sobald
der Hohlraum, in dem sich die Männer befanden, zugänglich war,
begannen eine Notärztin und die Besatzung eines Rettungswagens
damit, die Verschütteten medizinisch zu versorgen. Die Befreiung
der Männer stellte eine große Herausforderung dar. Da die zu ent-
Kassel
In der Nacht vom 13. auf den 14. November 2015 kam es in einem
nördlich gelegenen Stadtteil von Kassel zu einer folgenschweren
Explosion in einem Wohngebäude. 27 Einsatzkräfte aus der Be-
rufs- und Freiwilligen Feuerwehr mussten zwei Verschüttete aus
einer völlig zerstörten Doppelhaushälfte retten. Ein Einsatz mit
besonderen Schwierigkeiten.
Lage
Die betroffene Doppelhaushälfte befand sich in einemWohngebiet
mit offener Bauweise im Stadtteil Holland-Nord. Das Wohngebiet
liegt an einem Hang. Die Temperatur in dieser Nacht lag bei etwa
acht Grad Celsius. Es war kaum windig und trocken.
Einsatzbeginn
Am 14. November 2015 um 02:19 Uhr gingen bei der Leitstelle der
Feuerwehr Kassel mehrere Notrufe mit der Meldung einer erheb-
lichen Explosion unklaren Ursprungs ein. Die Explosion war bis
zur Feuerwache 1 in der Wolfhager Straße 25 zu hören, die rund
zwei Kilometer entfernt liegt.
Es rückte ein erweiterter Rüstzug aus, und mehrere Einheiten der
Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Kassel wurden alarmiert. Auf-
grund der Hanglage und der beengten Straßenverhältnisse ent-
schied der Einsatzleiter schon bei der Anfahrt, lediglich mit dem
ELW1, demHLF, der Drehleiter 23/12 und demRW2 des Rüstzuges
in die unmittelbare Nähe der Einsatzstelle zu fahren. Die restlichen
Fahrzeuge des Rüstzuges (Kran, Wechsellader AB Rüst, zwei RTW
und ein NEF) sollten rund 200 Meter entfernt unterhalb der Scha-
densstelle verbleiben.
Die ersteintreffende Besatzung des ELW 1 traf auf ein erhebliches
Schadensbild. Eine Hälfte des Doppelhauses war vollständig ein-
gestürzt, die andere Hälfte stark beschädigt. Die Gebäudetrenn-
wand fehlte, sodass die Geschosse und Räume einsehbar waren.
„Die Straße war von Trümmerteilen übersät und dort geparkte
Fahrzeuge sowie angrenzende Häuser durch Trümmerteile beschä-
digt. Jedochwar kein offenes Feuer erkennbar und kein Gasgeruch
wahrzunehmen. Es herrschte eine Stille, die nicht zum Schadens-
bild passte“, schilderte der Einsatzleiter die Lage beimEintreffen.
Im Garten nahe dem Hauseingang der noch stehenden Gebäude-
hälfte befanden sich ein Mann und eine Frau. Beide waren unver-
AUS DEM EINSATZTAGEBUCH
Totaleinsturz einer
Doppelhaushälfte nach Explosion