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TITELGESCHICHTE

FLORIAN HESSEN 1 | 2016

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Interview mit Michael Kittel, stv. Landesjugendfeuerwehrwart

Herr Kittel, was ist für Sie Demokratie?

Demokratie lernen ist ein wichtiger Bau-

stein der Arbeit von Jugendverbänden. Aber

wie kann Demokratie vermittelt werden?

Einwichtiger Ort, umdemokratisches Han-

deln zu erlernen, sind die Jugendfeuerweh-

ren. Rechtsextremismus, Rassismus, Anti-

semitismus, Heterosexismus und viele

weitere Formen von Diskriminierungen sind

nicht mehr nur Randerscheinungen. Rechts-

extremes Gedankengut ist fester Bestand-

teil von Sprüchen, Witzen und Meinungen.

Es zeigt sich als Lifestyle durch Kleidung,

Symbole, Schmuck oder Musik. Das alles

ist in der Mitte der Gesellschaft und damit

auch in Jugendverbänden verbreitet. Für

uns steht fest: In unserem Verband dulden

wir kein rechtsextremes Gedankengut,

keine Diskriminierungen und Ausgrenzung

– wir sind demokratisch!

Zu Beginn des Projektes „Jugendfeuerwehr

– Strukturfit für Demokratie“ standen die

Fragen: Wie wird die Jugendfeuerwehr „fit“

für Demokratie? Wie kann ich Demokratie

im Alltag aktiv gestalten? Woran erkenne

ich Diskriminierendes? Was ist Teil rechts-

extremer Ideologien? Was kann ich prak-

tisch tun? Welche Ansprechpartnerinnen

und welche Ansprechpartner helfen mir,

wenn mir etwas Verdächtiges auffällt?

Mit dem Projekt haben wir Anregungen,

Methoden und Bildungseinheiten konzi-

piert und erarbeitet und Expertengruppen

gebildet, damit es den Jugendfeuerwehren

einfacher fällt, auf verschiedene Formen

von Diskriminierungen zu reagieren!

Was ist der Braunmelder und wurde er

auch genutzt?

Der Braunmelder ist eine Art Melde- aber

auch Informationssystem. Er wurde seit

Start des Projektes rund 20 Mal mit fachli-

chem Hintergrund genutzt. Aber oft nicht

nur, um einen „Problemfall“ zu melden,

sondern oft, um gezielt Informationen zum

Thema zu bekommen und Beobachtungen

besser einschätzen zu können. Hier liegt

auch unser weiterer Schwerpunkt: Erken-

Wo und wie konnten Sie helfen?

Ich denke, wir konnten bisher jedemVorfall

und jeder Anfrage gerecht werden. Wir tre-

ten nach der Meldung mit der Person in

Kontakt. Danach erörternwir, wie dringlich

das weitere Vorgehen ist, bis hin zu der

Frage, welche Potenziale und Möglichkei-

ten wir bei einem Vor-Ort-Gespräch einlei-

ten werden. Das alles geht nur gemeinsam

zwischen Feuerwehr, Jugendfeuerwehr,

Verantwortlichen und ggf. der Politik. Eine

solche Meldung kann uns auch schon ein-

mal mehrere Monate beschäftigen.

Glauben Sie, dass die Feuerwehren mit

Rechtsextremismus mehr oder weniger

Probleme haben als andere Verbände?

Meine persönliche Meinung? Ich glaube

nicht, dass die Feuerwehr mehr Probleme

hat, rechte Gesinnung in den eigenen Reihen

zu bekämpfen. Natürlich gibt es viele inter-

essante Ansatzpunkte, welche Personen es

zur Feuerwehr hinzieht, seien es Uniformen,

Kameradschaft, aber auch „Befehl & Gehor-

sam“. Feuerwehr hat schon immer einen sehr

hohen Stellenwert in der Bevölkerung und

wird auch in Zukunft alles dafür tun, um die-

sen Platz 1 in Zukunft zu halten.

Wo könnte/sollte mehr geschehen?

Darf ich jetzt in der Wunschkiste kramen?

Wir sehen selbst, wie stark z.B. der Flücht-

lingsstrom zurzeit nach Europa drängt. Wir

als Feuerwehren und Jugendfeuerwehren

wollen Kinder und Jugendliche früh-

zeitig in unseren Reihen in-

tegrieren. Ganztagsschulen

und das gerade erst ge-

schlossene Kooperationsab-

kommenmit demKultusminis-

terium bieten hier riesige Po-

tenziale, die wir zeitnah nutzen

sollten. Aber, wie immer im Le-

ben, ist dafür Geld notwendig.

Ich wünsche mir, dass diese

Gelegenheit und das darin ste-

ckende Potenzial von Seiten der

Feuerwehren genutzt und auf po-

litischer Seite gefördert werden.

Das Interview führte Andrea Dobler, Redak-

tion FLORIAN Hessen.

Foto: Michael Kittel

Grafik HJF

nen und sensibilisieren – Vertrauen schaf-

fen & Informations- und Ausbildungs-

schwerpunkte anbieten.

Vielmals sind es Themen und Beobachtun-

gen aus dem Umfeld der Feuerwehr. Aber

auch aus dem privaten Bereich kamen An-

fragen. Neben den Meldungen über den

Braunmelder bekommen wir Anfragen zur

Zusammenarbeit aus Mitgliedsverbänden

des Beratungsnetzwerkes Hessen bei de-

nen sich Schnittmengen zur Feuerwehr

ergeben. Eines lässt sich sagen : Braunmel-

der, Rex-Lotsen und JUGENDFEUERWEHR

– strukturfit für Demokratie haben eine

stetig interessierte Arbeitsgruppe wach-

sen lassen, welche ihren Schwerpunkt zur

Bekämpfung von Extremismus nicht in den

Jugendfeuerwehren, sondern den aktiven

Wehren gefunden hat.

Sie Leiten die Gruppe der Rex-Lotsen

– was ist das?

Rex-Lotsen sindMenschen aus ganz Hessen

und allen Ebenen der Feuerwehr, die sich

demThema Rechtsextremismus widmen, um

Ausbildungs- und Fortbildungskonzepte bei

Feuerwehren und Jugendfeuerwehren anzu-

bieten. Wir arbeiten mit

demBeratungsnetzwerk

Hessen vertrauensvoll

zusammen. Gerne sind

wir hier Ansprechpart-

ner für andere Organi-

sationen, Vereine oder

Verbände. Im Gegen-

zug erfahren wir Un-

terstützung und Zuar-

beit in eigenen La-

gen.

Neben dieser prä-

ventiven Seite ste-

hen wir im soge-

nannten „Alarmfall“ über den Braunmel-

der

(www.JF-Hessen.de)

rund umdie Uhr für

Meldungen und Beobachtungen im Bereich

Rechtsextremismus zur Seite. Danach spre-

chen wir die weitere Vorgehensweise zeit-

nah und persönlich individuell ab.

Demokratie leben