

30 FLORIAN HESSEN 8 | 2015
IM FOKUS
Risiken richtig einschätzen
Regelwerk zur Einteilung von Großveranstaltungen – von Adrian Vogler
Grundlagen
Großveranstaltungen können für jede Kom-
mune aktuell werden. Sie hängen zum
einen von der Größe der Kommune und zum
anderen von der Anzahl der Besucher ab.
Entscheidend ist aber auch, ob ein erhöhtes
Gefahren- oder Konfliktpotential vorliegt.
Die Grafik 1 stellt dar, wie schnell eine „nor-
male“ Veranstaltung zur Großveranstal-
tung werden kann.
Die jeweilige Kommune muss bei jeder Ver-
anstaltung die Risiken identifizieren, ana-
lysieren und bewerten. Daraus leiten sich
die Präventionsmaßnahmen ab. Schluss-
endlich bleibt jedoch der Veranstalter für
die Sicherheit und Ordnung und damit das
Sicherheitskonzept bei der Veranstaltung
verantwortlich. Dieser hat allerdings auch
die Möglichkeit Aufgaben vertraglich zu
delegieren bzw. „outzusourcen“.
Wichtig ist die Beurteilung des Risikos, das
aus Schadensausmaß und Eintrittswahr-
scheinlichkeit besteht. Wenn das Schadens
ausmaß zu leichten Verletzungen führt, so
Mit einem Regelwerk möglichst einfach
Großveranstaltungen in Kategorien eintei-
len zu können, aus denen sich dann die
entsprechenden Maßnahmen ergeben –
dieseMöglichkeit eröffnet die Abschnitts-
arbeit, die ich bei meiner Ausbildung zum
gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst
bei der Feuerwehr Kassel erarbeitet habe.
Vor allem die Love-Parade in Duisburg hat
deutlich gemacht, wie wichtig es ist,
(Groß)Veranstaltungen im Vorfeld richtig
einzuschätzen – von der zu erwartenden
Zahl der Gäste angefangen bis zu mögli-
chen besonderen Gefahrenpotentialen.
Dies ist essentiell, um aus allen Faktoren
am Ende eine Gefährdungskategorie zu
erhalten, aus der sich dann die jeweils zu
treffenden Maßnahmen ableiten. Dieser
Aufgabe stellte sich Adrian Vogler vom
Gefahrenabwehrzentrum des Landkreises
Fulda. Er leistete während seiner Ausbil-
dung zum gehobenen feuerwehrtechni-
schen Dienst einen Abschnitt bei der
Berufsfeuerwehr Kassel.
Ausgangslage
Die Zahl der (wiederkehrenden) Großveran-
staltungen steigt in Kassel beständig.
Waren es in 2011 noch 43, so stieg deren
Zahl in 2012 auf 54 Veranstaltungen. In
2013 waren es bereits 85.
In den letzten 20 Jahren hat sich das Veran-
staltungswesen erheblich verändert. Das
betrifft zum einen die Art der Veranstaltun-
gen, die von Public Viewing bei Fußballspie-
len über Popkonzerte in ehemaligen Stein-
brüchen bis hin zu Opernkonzerten in
U-Bahnschächten reichen. Zumanderen hat
sich das Verhalten der Gäste geändert, die
oft erst kurzfristig entscheiden, ob sie teil-
nehmen und sich dazu über Social Media
informieren und abstimmen. Darauf müssen
sich die kommunalen Gefahrenabwehr
behörden wie Ordnungsamt, Polizei oder
Feuerwehr und der Veranstalter einstellen.
Von diesen wird erwartet, dass sie sich
bereits in der Planungsphase absprechen
und zusammenarbeiten sowie Verantwort-
lichkeiten und Entscheidungsbereiche klar
definieren.
Wie lief es bisher?
Der Veranstalter meldete bisher beim Ord-
nungsamt der Stadt Kassel die geplante
Veranstaltung an. Dieses forderte von den
betroffenen anderen Ämtern eine Stellung-
nahme an. Jedes Sachgebiet schätzte die
Gefahr selbst ein und entschied über die zu
treffendenMaßnahmen. Ziel war es nun, mit
einem möglichst einfach zu bedienenden
Regelwerk die Veranstaltung in einer
Gefährdungsanalyse einzuordnen, der
dann bestimmte Maßnahmen zugeordnet
sind.
Anschließend besprach man diese in der
Arbeitsgemeinschaft „Sicherheit bei Groß-
veranstaltungen“. Bis zu diesem Zeitpunkt
hatte die Feuerwehr keinen Gesamtüber-
blick.
Grafik 1: Einteilung von „normalen“ Veranstaltungen und Großveranstaltungen
Anzahl der Besucher
Größe der Kommune
Großveranstaltung
Schwelle zur Großveranstaltung
„normale“ Veransteltung