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Brandrauchaustritt aus einer Lüftungsöffnung im 9. OG. Brandausbruchstelle im Kellergeschoss. ben? Grundsätzlich standen drei voneinander unabhängige Treppenräume zur Verfügung. Warum wurde man im 9. OG auf ein Brandereignis im Keller aufmerksam? Während der Nachbegehung mit Brandursachenermittlung und Objektbetreiber zeigte sich, dass die brandschutzrechtlichen Auflagen der damaligen Baugenehmigung offensichtlich nicht ausreichten. Im Objekt existieren über die gesamte Gebäudehöhe ab dem Kellergeschoss Lüftungskanäle für innenliegende Küchen, Bäder und den Gemeinschaftstrockenraum sowie die Waschküche. Der erste Notrufer gab an, von seinem Heimrauchmelder geweckt worden zu sein. Der Brandrauch trat aus der Lüftungsöffnung in seiner Küche aus und gelangte von dort an den Rauchmelder im Flur, der auslöste. Die Begehung zeigte, dass diese Brandrauchbeaufschlagung in allen Wohnungen des betroffenen Objektstranges auftrat. Die Feuerwehr konnte die Steuerungsschalter der Rauchabzüge in den Treppenräumen, obwohl sie beschriftet waren, nicht als solche erkennen, FLORIAN HESSEN 09/2014 da es sich um graue Schaltknöpfe handelte. Die Energieversorgung für die Treppenraumbeleuchtung über ein Notstromaggregat fiel relativ schnell aus, da die Zuleitung über dem Brandherd lag und somit gerade die wenig verrauchten Treppenräume schon bei Einsatzbeginn völlig im Dunkeln lagen. Organisatorische Mängel zeigten sich bei der Information der Mieterinnen und Mieter. Obwohl die Flucht- und Rettungswegpläne DIN/ EN-konform an allen erforderlichen Stellen im Gebäude aushingen und nach Angabe des Betreibers alle Bewohner beim Einzug entsprechend informiert wurden, kannten die Mieter die parallelen Rettungswege über weiter entfernt gelegene Treppenräume nicht. Zudem sorgten die Bewohner selbst dafür, dass sich der Brandrauch in den Geschossen verteilte. Sie hatten die Türen in den Fluren, die den Brandrauch hätten zurückhalten können, in vielen Fällen durch Keile aufgehalten. Fazit: Das Brandereignis im Marburger Wohnhochhaus „Am Richtsberg 88“ hat die öffentliche Feuerwehr auf Grund der großen Zahl der Betroffenen stark gefordert. Die Feuerwehr Marburg wird ihr interkulturelles Engagement und die Beratung von Objektbetreibern in Fragen des Vorbeugenden Brandschutzes verstärken. Vor Wiederbelegung des Hochhauses wird der Betreiber die erkannten Mängel beheben. Über die Abteilung Ausbildung und Einsatzplanung im abwehrenden Brandschutz sollen zukünftig neben Objektbegehungen in Industrieanlagen und anderen Sonderbauten auch „unaufregende“ Objekte, wie in diesem Fall ein Wohnhochhaus, mit in das Begehungs- und Ausbildungskataster aufgenommen werden. Text: Leiterin der Feuerwehr Marburg, Carmen Werner Fotos: Thomas Hummler, David Tschirner


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