FLORIAN HESSEN, Ausgabe 2/2020

= + # 676 +15&8 dem Feuer überrascht. „Erst war es toten- still. Der Rauch war so schwarz, dass man nicht die Hand vor Augen sehen konnte. Dann gab es einen ohrenbetäubenden Knall“, weiß der heute 68-jährige Schmidt zu berichten. „Das Feuer ist über mich hin- weggerollt, ich sah überall Flammen“, be- schreibt er die Feuerwalze. Er habe vor Schmerzen nur noch schreien können. Ähnlich ergeht es Hagenbring. Auch er ist dem Feuer ausgeliefert. Während Schmidt es selbst zum Fenster schafft, die Stecklei- ter hinunterklettert und sichtlich im Schockzustand zum Rettungswagen geht, kann sich Hagenbring kaum bewegen. „In dem Moment hatte ich mit dem Leben ab- geschlossen“, erzählt Hagenbring. Herbei- geeilte Feuerwehrmänner ziehen ihn aus einem Fenster in den Korb der Drehleiter. Von der nahe gelegenen Tankstelle werden Wasserkannen geholt, um seine und Schmidts Brandwunden zu kühlen. Die Bil- der von den beiden Schwerverletzten habe er noch heute vor Augen, erinnert sich Marburgs Altoberbürgermeister und späte- rer Brandschutzdezernent Dietrich Möller, der ebenfalls am Einsatzort ist. Er sei von ihrem Anblick und der Schwere der Verlet- zungen schockiert gewesen. Während es vor dem Squash-Center zu dramatischen Szenen kommt, geht es auch auf der Rückseite des Gebäudes um Leben und Tod. Ein Feuerwehrmann, Hol- ger Berdux, kann sich während der Explo- sion in ein kleines Räumchen im Oberge- schoss retten. Der Raum, der als Kopier- raum genutzt wird, hat jedoch ein vergit- tertes Fenster. Der Funk zu seinen Kamera- den ist abgerissen. Durch die Tür kann der damals 31-Jährige nicht wieder hinaus. Er ist gefangen. „Ich hatte pures Glück, dass in der Nähe Dachdecker arbeiteten, die zu Hilfe geeilt sind“, erinnert sich Berdux. Dachdeckerseile werden um die Gitterstä- be und an einen Drehleiterwagen befes- tigt. Als das Fahrzeug Vollgas gibt, werden die Stäbe aus ihrer Verankerung gerissen. Berdux rettet sich mit einem Sprung aufs Vordach. Kurz darauf schießt eine Stich- flamme aus dem Fenster. „Fünf Minuten später war der Raum komplett ausge- brannt“, erinnert sich Feuerwehrmann Mi- chael Czyrzewski, der für die Wasserver- sorgung und den Sicherheitstrupp am Ein- satzort zuständig ist. „Wäre Holger im Raum geblieben, wäre er bei lebendigem Leib verbrannt“, fügt der damals 29 Jahre alte Czyrzewski mit belegter Stimme hin- zu. Wie durch ein Wunder bleibt Berdux je- doch unverletzt. In der Zwischenzeit sind die Rettungshub- schrauber Christoph 25 und 28 angefordert worden, die die beiden Feuerwehrmänner Hagenbring und Schmidt in Spezialkliniken nach Aachen und Köln-Merheim bringen. Hagenbring, der kurz vor dem Abitur steht, hat der Flashover besonders stark getrof- fen. Seine Hautoberfläche ist zu 63 Pro- zent verbrannt. Auch seine Hände haben schwere Schäden davongetragen. Die Ärz- te prognostizieren eine geringe Überle- benschance. Schmidts Hautoberfläche ist zu 40 Prozent verbrannt und seine Hände „verkocht“, wie er es beschreibt. Aufgrund seines Alters werden aber auch ihm nur geringe Chancen eingeräumt. „In den ers- ten drei Tagen nach dem Unfall stand mei- ne Überlebenschance bei 50/50“, erzählt er heute nüchtern. Dass Hagenbring und Schmidt trotz Schutzanzügen so schwer verletzt werden, sorgt in den Tagen nach dem Unfall inner- halb der Feuerwehr sowie in der gesamten Bevölkerung für Entsetzen. Einige Feuer- wehrleute quittieren ihren Dienst. Manche Einsatzkräfte werden von ihren Familien aufgefordert, die Feuerwehr zu verlassen. „Es herrschte kaum noch Vertrauen in die vorhandene Schutzkleidung“, weiß Lars Schäfer. Diese besteht damals entweder !! / ! / ! / - 2 * 4 ! 1 ! 1 ! #$ %& . > ' - * " / & ? , 2 * 0 , / ! > . " %" @ < % 3 , < " % 1 , 3.* #/ -. 2 * 3 '

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