FLORIAN HESSEN, Ausgabe 6/2019
36 FLORIAN 6 | 2019 IM FOKUS Die am Ufer sichernden Feuerwehr-angehörigen haben sich mit der Mindestschutzausrüstung auszurüsten. Besonderes Augen- merk ist auf geeignete Handschuhe zu legen. Ohne Handschuhe ist ein Halten der Leine bei diesen Witterungsverhältnissen nahe- zu unmöglich. Die kalten Temperaturen wirken auch auf den Ret- ter. Problematisch ist zusätzlich, dass sich die reguläre Schutz- kleidung des Retters bei einem Einbruch in die Eisfläche mit Was- ser vollsaugt. Aus diesem Grund ist das Tragen eines speziellen Schutzanzuges zu empfehlen, also ein Eisrettungs- oder ein Über- lebens- bzw. Kälteschutzanzug. Um bei einer Rettung nicht selbst sofort einzubrechen, ist das Gewicht des Retters auf eine mög- lichst große Fläche zu verteilen. Aus diesem Grund wird niemals im Stehen vorgegangen. Der Retter robbt im Liegen zu dem Verun- fallten hin. Unterstützen kann man diesen Effekt, indem man zusätzlich Hilfs- mittel einsetzt, zum Beispiel Steckleiterteile, eine Schleifkorbtra- ge oder ein Spineboard. Das Spineboard wird in diesem Fall dazu genutzt, den Eingebro- chenen darauf zu lagern, um ihn dann auf dem Spineboard lie- gend an das Ufer zu ziehen. Das Vorgehen erfolgt z. B. durch ein Vorschieben des Spineboards und des Leiterteils im Wechsel, bis der Retter den Eingebrochenen erreicht. Die Einsatzkräfte müssen dabei darauf achten, dass das Steckleiterteil und das Spine- boards jeweils mit einer Leine gesichert werden. So ist eine Unterstützung der Rettung des Eingebrochenen von Land aus gewährleistet und der Retter sowie die eingebrochene Person können schnell ans Ufer zurückgezogen werden. Sofern der Ver- unfallte die Rettung noch aktiv unterstützen kann, wird ihm an der Einbruchstelle das Steckleiterteil zugeschoben. Der Verunfall- te kann sich daran festhalten und mit Unterstützung der Einsatz- kräfte vom Ufer aus dem Eisloch gezogen werden. Bergungstod Bei einer verunfallten Person, die sich nicht mehr aktiv an der Rettung beteiligen kann, muss von einem lebensgefährlichen Unterkühlungsstadium ausgegangen werden, also einer Körper- kerntemperatur von 33° C und geringer. Bei Personen, die sich in diesem Stadium befinden, ist bei der Rettung besondere Vorsicht geboten, da es in diesem Stadium zu einer Zentralisation des Kreislaufes kommt und sich in den Extremitäten sehr kühles Blut befindet. Sollte es nun zu starken Bewegungen der verunfallten Person kommen, wird es dazu führen, dass das kalte Blut aus den Extremitäten in den Körperkern gelangt und dadurch die Unter- kühlung verstärkt. Dieses kalte Blut kann dabei auch zu Herz- rhythmusstörungen führen. Es besteht akute Lebensgefahr für den Patienten. Dieses Phänomen wird als „Bergungstod“ oder in der Medizin als „Afterdrop-death“ bezeichnet. Daher ist die zu rettende Person möglichst bewegungsarm und vorsichtig zu retten. Außerdem sollten Patienten nicht aktiv erwärmt werden, da dies ebenfalls zum „Afterdrop-death“ führen kann. Nach der Rettung müssen die Einsatzkräfte sofort eine adäquate medizinische Versorgung der verunfallten Person sicherstellen. T EXT UND B ILDER : S TEFFEN W ILLMANN , HLFS Um sein Gewicht auf die Eisfläche zu verteilen, robbt der Retter über Leitern zum Verunglückten. Federleichter Lebensretter: Das Spineboard Ein Spineboard ist ein Hilfsmittel zur Rettung verunglückter Personen, bei denen eine Verletzung der Wirbelsäule nicht auszuschließen ist. Das Spineboard besteht entwe- der aus Holz oder auch aus Hartplastik- und Kunststoffverbundmaterial, je nach Her- steller werden 150 bis 1100 Kilogramm Tragfähigkeit angegeben. Es ist meistens komplett röntgendurchlässig und Computertomographie- bzw. MRT-geeignet. Für biegesteifen Leichtbau ist es innen hohl oder geschäumt und dadurch schwimmfä- hig und etwas auftriebliefernd und somit auch für die Wasserrettung günstig.
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