10 FLORIAN HESSEN 6 | 2016
Nonne und Feuerwehrfrau
Fragen an Schwester Andrea - Freiwillige Feuerwehr Rüdesheim Eibingen
nistenlehrgang abgelegt, war aber nie aktives Mitglied einer
Feuerwehr gewesen.
Gab es ein auslösendes Element dafür,
dann in der Feuerwehr auch aktiv zu werden?
Für mich war klar, wenn, dann will ich als richtiges, das heißt akti-
ves Mitglied bei der Feuerwehr mitmachen. Nur die Lehrgänge zu
absolvieren, das hätte ich für mich als nicht stimmig empfunden.
Spielt das Gebot der Nächstenliebe auch
eine Rolle bei Ihrem Engagement?
Ja, das spielt eigentlich eine zentrale Rolle für mich. Feuerwehr
heißt ja „helfen“, anderen Menschen in Notsituation beizustehen.
Das ist für mich als Schwester ein wichtiges Element meines
Lebens, meines Selbstverständnisses.
Wie beurteilen Ihre Mitschwestern und Ihr Orden
dieses doch eher ungewöhnliche Engagement?
Mein Engagement hat ja auch Vorteile für mein Kloster und meine
Mitschwestern. Es gibt eine, die sich vielleicht ein bisschen aus-
kennt, wenn es mal brennen sollte oder andere Dinge passieren,
eine Tür geöffnet werden muss, sich jemand verletzt hat oder bei-
spielsweise etwas mit der Brandmeldeanlage ist. Es gibt auch in
anderen Klöstern vor allem Brüder, die sich in der Feuerwehr
engagieren. Aber natürlich wird es auch mitunter kritisch gese-
hen, weil ich dann bei einem Einsatz in den Reihen der Schwes-
tern ausfalle. Da aber meine damalige Oberin ihren Segen zu
meinem Engagement gegeben hat, ist das eben so. Die meisten
Schwestern begrüßen mein Engagement aber absolut.
Ihre Aufgaben in der Abtei St. Hildegard sind umfangreich
und vielfältig. Woher nehmen Sie die Energie für den
zusätzlichen Einsatz bei der Feuerwehr, neben Ihren
täglichen Aufgaben?
Es macht mir einfach große Freude, bei der Feuerwehr mitzuhel-
fen! Diese Freude gibt mir die nötige Energie. Meine Mitschwes-
tern tragen meinen Einsatz mit und ersetzen mich zum Teil, wenn
ich ausfalle. Aber so oft haben wir in Eibingen auch keine Ein-
sätze, es ist überschaubar.
Gab und gibt es Berührungsängste der Feuerwehr
kameradinnen und Feuerwehrkameraden wegen Ihres
doch au
ß
ergewöhnlichen Berufes? Und haben Sie mit
Vorbehalten zu kämpfen, weil Sie zwei ungewöhnliche
Passionen verbinden?
Als ich zum ersten Mal im Grundlehrgang in meiner Schwestern-
tracht erschien, bemerkte ich schon einige erstaunte, zum Teil
Schwester Andrea, Sie haben mehrere Berufe erlernt
und sind nun Nonne in der Abtei St. Hildegard, in Eibingen
bei Rüdesheim. Würden Sie uns verraten, wie und warum
Sie Nonne geworden sind?
1987 bin ich in die Benediktinerinnenabtei St. Hildegard eingetre-
ten. Nach einer fast sechsjährigen Probezeit habe ich mich dann
1993 endgültig an diese Lebensform und diese Gemeinschaft
gebunden. Ich glaube, dass Gott alle Menschen zu etwas beruft.
Mich hat er berufen, mit meinem Leben zu bezeugen, dass es ihn
gibt und er die Menschen, jeden Einzelnen liebt. Unser Leben im
Kloster wäre ja nicht zu verstehen, wenn es keinen Gott gäbe.
Wie, wann und in welchem Alter sind Sie
zur Feuerwehr gekommen?
Zur Feuerwehr kam ich 2014 – gerade 50 Jahre alt geworden –
sprach mich zum einen der Bürgermeister von Rüdesheim an,
der selbst passives Mitglied der Eibinger Feuerwehr ist. Er
fragte, ob ich da nicht mitmachen wolle. Zum anderen wurde in
den Reihen der Schwestern eine gesucht, die die Nachfolge einer
älteren Schwester als „Brandschutzbeauftragte“ antreten
könnte. Sie hatte in den 1980er-Jahren den Grund- und Maschi-
INTERVIEW